Kapitel 2 – “We are best nation” mit einem Galerienquartier
Saturday, September 6th, 2008 | Allgemein
2. September 2008
Die automatische Verabschiedungsansage im Taxi, das mich heute morgen dann zum Galerienviertel in der Moganshan Road (Nähe des Shanghai Bhfs) brachte, findet darauf schneller Antwort als ich: „Thank you, good bye, we are best nation!“. Wenn da nicht ein olympisches Selbstbewusstsein spricht…
Das Galerienviertel besteht aus einer merkwürdigen Ansammlung älterer 2-3 stöckiger Gewerbegebäude, die tapfer der Abrissbirne widerstehen. Direkt nebendran schießen die Wohntürme wie Pilze aus dem Boden und der Galerist Li Liang der Eastlink Gallery, die unlängst noch an ihrer Stelle stand und nun mit anderen Galerien zusammenrücken musste, meint dazu nur, „Alles ist im Fluss“, und wagt keine weitere Adressengrarantie zu geben.
Das Interview mit ihm lief ganz gut, tatsächlich sind seine Kunden immer noch ganz überwiegend Ausländer und der Aufbau einer lokalen, unabhängigeren Kunstszene eher ein Ziel, als ein Fakt. Leider behauptet er, dass er von seiner berühmtesten Ausstellung „Fuck Off“ (2000) keine Ausstellungsfotos besitze. Ich gebe aber noch nicht auf und hoffe mal auf weitere Kontakte.
Der Rest des eher überschaubaren Galerienviertels ist ein eher krudes Gemisch aus total kitschiger Malereistapelware passend zur Sofafarbe und ein paar wenigen „echten“ Highlights. Mit einem der bekanntesten Galeristen, dem Schweizer Lorenz Helbling, werde ich wohl nächste Woche noch ein Interview führen können. Momentan sind alle wichtigen Leute sehr beschäftigt ihre Eröffnungen parallel zur großen Shanghai Biennale (beginnt am 8. September) vorzubereiten und entsprechend schwer zu amsprechbar.
Vielleicht das merkwürdigste Gefühl heute war, dass ich schon nach 1,5 Tagen umringt von chinesischen Gestalten die „vielen“ Langnasen im Galeriengelände befremdlich fand. Sonst kam ich in der Umgebung von Jianglings Wohnung trotz wirklich vieler Passanten nie über 2 westliche Erscheinungen pro Tag hinaus. Außerdem muss ich wieder lernen, mit der Größe der Stadt zu rechnen. Ich brauchte trotz U-Bahn, Taxi oder Bus mehr als eine Stunde, um von Haustür zu Galerietür zu finden. Entsprechend erledigt kam ich gerade noch rechtzeitig zur Verabredung mit Jiangling zu einem ersten „richtigen“ chinesischen Abendessen. Davon zu schwärmen verkneife ich mir aber, da von Essen zu schreiben bekanntlich schwierig ist.
Gute Nacht China, guten Feierabend nach Deutschland!