Kapitel 7 – Mit gewaltigem Schreck und Koffern davongekommen

Wednesday, September 10th, 2008 | Allgemein

7. September 2008

Nach einem abschließenden morgendlichen Gang durch die Triennale, unbelastet vom Eröffnungsrummel, sind Sabine, Birgit und ich nach Shanghai zurückgeflogen. Hier wartet morgen die VIP-Eröffnung der Shanghai Biennale und damit der direkte Vergleich mit Guangzhou. Immerhin kommen mir die hiesigen Temperaturen um 26°C jetzt wirklich angenehm vor und ich habe fast schon das Gefühl, nach Hause zu kommen, als ich mir meinen Weg vom Hongqiao-Flughafen zurück zu Jianglings Wohnung suche.

Dort muss ich mein zurückgelassenes Gepäck abholen, um Platz zu machen für ihren Sohn und seine Freunde die wohl am selben Abend von der südchinesischen Insel Hainan zurückkehren werden.

Geübt im Umgang mit der U-Bahn entscheide ich mich, das „Mingtown Hiker Hostel“ in der Nähe des nördlichen Ende des Bunds so anzusteuern. Ich habe jedoch nicht damit gerechnet, dass der Aufzug an der Haltestelle nicht funktioniert und ich daher die beiden schweren Koffer ziemlich mühseelig hinunterwuchten muss. Sodann hat mich einer der Wachleute erspäht und lässt mich prompt beide Koffer zur Inspektion öffnen, bevor ich endlich durch die U-Bahn-Schranken darf. Beim Umsteigen frage ich schließlich, ob ich den Aufzug, der unpraktischerweise hinter der Ausgangsschranke liegt, benutzen könne und warte mehr als 10 Minuten, bis schließlich der Aufzugsschlüssel und eine Aufzugsbegleitung organisiert wurde. Aber es klappt und erspart weiter Schwielen.

Ziemlich müde wähne ich mich nur noch eine Haltestelle von meine Ziel entfernt, als plötzlich ein junger Mann aufspringt und seinem Sitznachbarn mit voller Wucht die Stirn gegen den Kopf haut. Dann packt er ihn und beginnt ihn zu schlagen, gegen die Sitze und durch den Wagon zu prügeln. Der Angegriffene, von dem mir nicht ersichtlich ist, was er getan hat, um so eine Reaktion auszulösen, wehrt sich natürlich, zieht dem Angreifer am T-Shirt und ringt mit ihm. Tumultartig drängen alle anderen Passagiere jeweils auf die Wagenseite, wo sie am weitesten von dem Kampf entfernt sind und ich mit den sperrigen Koffern mitten drin!

Bis auf eine junge Frau, die zweimal versucht einzugreifen und um Hilfe ruft, wobei sie auch fast umgeworfen wird, scheinen alle eher bemüht, das Geschehen zu ignorieren. Ein dritter Mann kommt hinzu und tritt auf das mittlerweile am Boden liegende Opfer noch weiter ein und brüllt für mich Unverständliches. Ich kann gerade noch meinen kleineren Koffer unter den Kämpfenden befreien und hilflos zusehen, wie der Angreifer den Kopf des Mannes schwungvoll gegen die Wand knallt, als schließlich die Haltestelle erreicht ist und alle fluchtartig das Abteil verlassen.

Nach dieser Episode ist mir zunächst nicht mehr so nach U-Bahn fahren zu Mute. Mein Bild vom ziemlich sicheren China hat jedenfalls einen Sprung bekommen und ich bin total erleichtert, als ich endlich in einer eher schmutzigen und für Nebenstraßen hier typisch schlecht beleuchteten Gasse das Hostel finde.

Es ist voll mit Amerikanern, Niederländern, Deutschen und sogar Spaniern und entsprechend hört man bis spät in die Nacht Gespräche, Gesinge und Gerufe in den Nachbarzimmern.

Da es mit 6 Euro pro Nacht und einem ansehlichem Frühstück für 1,80 sowie sauberen Viererzimmern jedoch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hat, fällt die Ankunft in den Niederungen des Travellerlebens nicht allzu schwer.

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